Liebe Genoss:innen,

die letzten beiden Wochen standen ganz im Zeichen der Menschenrechte.

Vom 8. bis 13. Oktober war ich bei der vierten und für dieses Jahr letzten Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Im Plenum haben wir aufgrund der angespannten Weltlage gleich mehrere dringliche Aussprachen geführt: von der Eskalation der Gewalt im Nahen Osten nach dem jüngsten Angriff der Hamas auf Israel, über die humanitäre Lage in Nagorno-Karabach bis hin zur Frage, wie ein gerechter Frieden in der Ukraine und ein sicheres Europa wieder hergestellt werden können.

Ein Höhepunkt der Straßburg-Woche war die Vergabe des Václav-Havel-Menschenrechtspreises, mit dem der Europarat einmal im Jahr das außergewöhnliche zivilgesellschaftliche Engagement zur Verteidigung der Menschenrechte würdigt. Diesjähriger Preisträger ist der seit sechs Jahren in der Türkei zu Unrecht inhaftierte Osman Kavala. Seine Frau hat stellvertretend für ihn den Preis entgegengenommen und eine bewegende Rede gehalten. Als Mitgliedsstaat des Europarats hat die Türkei bis heute das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht umgesetzt. Die Verleihung des Preises an Osman Kavala ist ein starkes Signal nach Ankara. Es muss klar sein: wer die Spielregeln des Europarats nicht beachtet, kann auf Dauer nicht mehr Teil der Organisation sein.

Besonders gefreut habe ich mich über die Gelegenheit, gleich zwei Redebeiträge zu wichtigen Debatten einzubringen. Am Mittwoch durfte ich mich zu Möglichkeiten zur besseren Verhütung und effektiveren Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen äußern. Es ist für mich als sozialdemokratische Menschenrechts- und Gesundheitspolitikerin klar, dass die Aufklärung von Frauen mit Behinderung über ihre eigenen Rechte zentral dafür ist, Gewalt und Missbrauch vorzubeugen.

Am Freitag durfte ich dann im Namen der „SOC-Fraktion“ (das sind alle Abgeordneten der Parlamentarischen Versammlung, die sozialdemokratischen und grünen Parteien in ihren Heimatländern angehören) als erste Rednerin sprechen. Was für eine Ehre! Es ging um die Auswirkung der Coronapandemie und der vielen, aktuellen Krisen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Ich habe klar gemacht, dass wir psychische Gesundheit aus der Tabuzone herausholen müssen. Denn im schlimmsten Fall flüchten sich junge Menschen in Abhängigkeiten, wenn sie sich orientierungs- und hoffnungslos fühlen und es gleichzeitig zu wenig niedrigschwellige Hilfsangebote gibt und die Wartelisten für einen Termin bei einer Psychotherapeutin zu lang sind.

Zurück in Berlin habe ich in dieser Sitzungswoche viele weitere interessante Termine wahrgenommen. Mit Amnesty International, der UNICEF-Exekutivdirektorin und dem Generalkommissar des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten haben wir uns über die Lage in Gaza und Israel ausgetauscht. So klar der barbarische Angriff der Hamas auf Israel aufs Schärfste zu verurteilen ist, so muss für die palästinensische Zivilbevölkerung vor Ort humanitäre Hilfe geleistet werden.

Außerdem habe ich zwei Repräsentantinnen des kolumbianischen Kollektivs MAFAPO getroffen. Sie kämpfen für die Aufarbeitung und Wiedergutmachung der Verschleppung und Ermordung von mehr als 6000 Jugendlichen in Kolumbien zwischen 2000 und 2010. Bis heute sind die Verantwortlichen des Militärs für dieses Menschenrechtsverbrechen, das auch unter dem Namen „Falsos Positivos“ bekannt ist, straffrei geblieben. Mit zwei bolivianischen NGOs habe ich über die gravierenden Folgen von Lithium- und Goldabbau in Bolivien für Mensch und Natur gesprochen.

Und zu guter letzt habe ich gestern Abend anlässlich ihres vierzigjährigen Bestehens noch die Deutsche Aidshilfe besucht. Es ist wirklich beeindruckend, was von den Aktiven haupt- und ehrenamtlich geleistet wird. Ich unterstütze die Arbeit der DAH immer gerne!

Herzliche Grüße
eure Heike