Liebe Genossinnen und Genossen,
ich melde mich zum Ende einer ereignisreichen ersten Sitzungswoche der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER) bei Euch.
Zum Jahresanfang gab es einige Personalwechsel. So haben wir Parlamentarier:innen den Griechen Theodoros Rousopoulos der konservativen Fraktion zum neuen Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung und den Iren Michael O’Flaherty zum Kommissar für Menschenrechte des Europarats gewählt. In unserer Fraktion der Sozialisten, Demokraten und Grünen wurde unser bisheriger Vorsitzender, mein Kollege Frank Schwabe, erneut in seinem Amt bestätigt, was seine großartige Arbeit würdigt. Auch ich darf mich über eine neue Aufgabe im Dienst der Verteidigung der Menschenrechte in Europa freuen: am Montag wurde ich zur Vorsitzenden des Ausschusses für Geschäftsordnung, Immunität und institutionelle Angelegenheiten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gewählt. Zugegebenermaßen ein etwas sperriger Name für einen Ausschuss, der allerdings über Wichtiges zu entscheiden hat.
Als Vorsitzende habe ich mich in dieser Woche gleich mit zwei Themen beschäftigt:
Zum einen ging es um den Ausschluss der aserbaidschanischen Delegation aus der Parlamentarischen Versammlung. Grund dafür ist unter anderem die gewaltsame Vertreibung von Menschen aus Berg-Karabach, die Tatsache, dass Mitgliedern der Versammlung ein Besuch Aserbaidschans im Jahr 2023 mindestens dreimal verwehrt wurde und die PVER nicht dazu eingeladen wurde, die Präsidentschaftswahlen des Landes am 7. Februar zu beobachten. Unser Fraktionsvorsitzender Frank Schwabe hat deshalb die Mandate der aserbaidschanischen Delegation gleich am Eröffnungstag der Winterplenarsitzung aus inhaltlichen Gründen angefochten. Diese Anfechtung war auch Thema im Geschäftsordnungsausschuss, dem ich nun vorsitze. Am Mittwoch haben in der Versammlung dann zwei Drittel der anwesenden Parlamentarier:innen dafür gestimmt, den Kolleg:innen aus Aserbaidschan für ein Jahr die Mandate zu entziehen, wenngleich Aserbadischan weiterhin Mitgliedsstaat des Europarats bleibt.
Zum anderen wurde von der rechtskonservativen Fraktion der PVER die Mandate der deutschen Delegation aus prozeduralen Gründen angefochten. Der Vorwurf: die deutsche Delegation spiegele nicht das politische Gleichgewicht im Deutschen Parlament wider. Hier wurde v.a. auf die kürzliche Auflösung der Fraktion Die Linke abgestellt. Die Anfechtung wurde sofort zur Berichterstattung an den Geschäftsordnungsausschuss weitergeleitet. Es wurde schnell klar, dass der Vorwurf nicht haltbar ist und die Zusammensetzung der deutschen Delegation im Einklang mit der Geschäftsordnung der Versammlung und der Satzung des Europarats übereinstimmt. Zu einer Abstimmung über die Mandate der deutschen Delegation im Plenum, wie im Falle der aserbaidschanischen Delegation, musste es deshalb erst gar nicht kommen.
Diese Beispiele zeigen, wie sehr unsere Demokratien und die Rechtsstaatlichkeit in Europa (und auch Deutschland) unter Beschuss stehen. Mittels meines neuen Amts in der PVER werde ich auf institutioneller Ebene noch entschiedener dagegen vorgehen können. Politisches Handeln in Gremien, um die Einhaltung von rechtsstaatlichen Regeln zu überwachen, gehen Hand in Hand mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement gegen Rechts, das derzeit auf unseren Straßen ganz deutlich zu sehen ist. Auch dieses Wochenende steht ganz im Zeichen von Demonstrationen und nicht zu vergessen dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Denn wir haben gesehen, wohin Hass und Ausgrenzung führen. Nie wieder ist jetzt. Dafür stehen wir gemeinsam ein.
Zum Ende der Woche konnte ich im Namen meiner Fraktion noch einen Redebeitrag zu einem Thema leisten, das mir am Herzen liegt. Es ging um die effektive Bekämpfung von Kindesmissbrauch in europäischen Institutionen. Die Rede wird auf meinen Online-Kanälen zu finden sein.
Viele Grüße
Eure Heike